Reanimation bei COVID-19 – Aktuelle Empfehlung des UK Resuscitation Council

Die momentane SARS-CoV-2 Pandemie ist eine dynamische Lage, überall werden neue Erkenntnisse und Erfahrungen aus der Therapie von COVID-19 Patient*innen zusammengetragen. Unheimlich viele Menschen machen sich Gedanken, wie die uns bevorstehende Flut an Patient*innen in den Griff zu bekommen ist. Die Empfehlungen des Resuscitation Council UK vom 19.03.2020 bleiben bestehen, jedoch wurde mehrere Unklarheiten beseitigt. Dafür haben wir auch den deutschsprachigen Algorithmus angepasst. So wird empfohlen, einen AED auch ohne Schutzkleidung anzulegen: während dies ein einzelnes Teammitglied tut, können sich die restlichen Mitglieder einkleiden und dann anschließend sofort mit den Thoraxkompressionen starten. Aus eigener Erfahrung wissen wir, wie knapp die Bestände an FFP2/3 Masken, Kitteln und Einmalhandschuhen aktuell sein können. Der Resuscitation Council UK stellt es den „Senior Clinicans“ frei, wie dann vorgegangen werden soll (dies ist eine schwierige Risiko-Nutzen-Entscheidung, zumal es international schon zu mehreren Todesfällen bei medizinischem Personal gekommen ist).

Den aktualisierten Algorithmus findet ihr hier wieder zum Download, das Update beruht auf dieser Publikation, zu finden auf der Website vom Resuscitation Council UK.

Zum Download als PDF: dasFOAM COVID Reanimation PDF

Falls es zu Aktualisierungen der Empfehlungen des Resuscitation Council UK zur COVID-19 Reanimation kommen sollte, überarbeiten wir diesen Beitrag. (Stand 22.03.2020, 11:00 Uhr)

Atemwegsmanagment bei der COVID-19 Reanimation

Zusätzlich zu dem offiziellen Statement des Resuscitation Council UK möchten wir Euch noch unsere Überlegungen zu Möglichkeiten der Aerosolbildung bei der Intubation schildern. Unseres Wissens nach gibt es zur Frage wie Aerosolbildung im Rahmen der endotrachealen Intubation minimiert werden kann bisher kaum bis keine soliden Publikationen. Alles, was wir hier schreiben, sind daher reine theoretische Überlegungen:

  • Cliff Reid (Notfallmediziner aus Sydney und Betreiber von resus.me) hat heute auf Twitter einen Google Drive Folder mit einem Video und den original Checklisten des Northern Beaches Hospital für die endotracheale Intubation von COVID-19 Patient*innen gepostet. Für uns interessant sind, neben der tollen Kommunikation und Abarbeitung der Checklisten, die folgenden Punkte:
    • Sobald die Präoxygenierung mit dem Beatmungsbeutel abgeschlossen ist, wird die Sauerstoffversorgung abgestellt. So wird eine passive Aerosolverbreitung verhindert. Wir könnten uns auch vorstellen dass zur Vereinfachung der Abläufe ein Demandventil verwendet werden könnte.
    • Der Führungsstab im Endotrachealtubus verbleibt durchgehend während der Intubation im Tubus. Sobald der Tubus in situ ist, wird nun durch eine*n Helfer*in der Führungsstab gezogen. Dabei zieht die eine Hand den Führungsstab aus dem Tubus und die andere hält das Tubuslumen mit einer Kompresse zu. So wird die Verteilung von Aerosolpartikeln aus dem Tubus möglicherweise vermindert.
  • Einigkeit sollte darüber herrschen, dass die Verwendung eines Beatmungsfilters obligat ist. Hierbei ist wichtig zu wissen, dass es verschiedene Arten von Beatmungsfiltern gibt:
    • Heat and Moisture Exchange (HME) Filter: Diese können verwendet werden um zu verhindern das Patienten durch die Sauerstoffzufuhr auskühlen. Außerdem wird das Austrocknen der Atemwege verhindert. Einen Schutz vor Bakterien und Vieren die aus dem Patienten kommen bietet ein HME Filter nicht!
    • Bakterien und Virenfilter: Sind hydrophob und elektrostatisch geladen,  und bieten somit einen Schutz gegen patientenseitige Mikroorganismen. Ein Beispiel hierfür sind HEPA (High Efficiency Particulate Air filter) Beatmungsfilter.
  • Eine weitere Überlegung ist es, bereits während der Intubation einen Beatmungsfilter am Tubus konntektiert zu haben. Da so jedoch weder Führungsstab noch Bougie verwendet werden könnten, wäre Folgendes eine Möglichkeit: Eine Tubusverlängerung („Gänsegurgel“) mit Absaugport wird mit einem Beatmungsfilter am Ende versehen. Der Bougie kann nun wie gewohnt durch den Absaugport verwendet werden. Sobald der Bougie komplett aus dem Tubus gezogen wurde, wird der Absaugport sofort verschlossen. Diese Technik benötigt jedoch zuvor ausreichendes Training. Insbesondere bei supraglottischen Atemwegen ist es theoretisch denkbar, bereits vor dem Einlegen einen Beatmungsfilter anzuschließen. Noch einmal: Dies sind rein theoretische Überlegungen, für die es aktuell keinerlei wissenschaftliche Basis gibt und wir streben hier auch keinen Empfehlungscharakter an.
    Ein Führungsstab kann ebenfalls durch den Absaugport einer Gänsegurgel eingeführt werden.
Endotrachealtubus mit Bougie in situ durch den Absaugport einer Gänsegurgel.

Danke an Carlos Glatz für die beiden Fotos des Setups!

  • Die Berliner Feuerwehr hat am 18.03.2020 eine SOP zur Intubation von COVID-19 Patient*innen veröffentlicht, diese findet ihr hier. Was empfehlen die Berliner Kolleg*innen?
      • Verwendung von zwei Paar Einmalhandschuhen übereinander
      • Falls RSI: großzügig relaxieren um Husten o.Ä. zu vermeiden (Anm.: was zur RSI generell Standard sein sollte)
      • „Entlüften“ am Deckenlüfter des RTW aktivieren, wenn möglich (abhängig von der Umgebung) die Hecktüren des RTW öffnen
      • Möglichst Videolaryngoskopie verwenden, So wird ein größerer Abstand zwischen Gesicht der Intubierenden und Patient*in erreicht.

  • Auf Twitter gibt es Überlegungen zur Verwendung von durchsichtigen Planen/Folien, die über dem Gesicht des Patienten während der Intubation platziert werden. Dies halten wir zur Intubation bei laufender Reanimation für ein wenig praktikables Verfahren, ist für semi-elektive Intubationen aber sicherlich ein interessanter Gedanke.
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Wie immer gilt: Der Einzelfall entscheidet. Der Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Richtigkeit und die genannten Empfehlungen sind ohne Gewähr. Die Verantwortung liegt bei den Behandelnden. Der Text stellt die Position des Autors dar und nicht unbedingt die etablierte Meinung und/oder Meinung von dasFOAM. 

Reanimation bei Covid 19